„Jeden Montagmorgen frage ich mich, ob mein Job noch Spaß macht!“
Sie beschreibt sich selbst als hoch motivierte Führungskraft und das zeigt sie ihrem Gegenüber innerhalb der ersten paar Minuten. Natascha Engler könnte eigentlich zur Generation Y gehören. Eine äußerst vielfältige berufliche Laufbahn, flexibles Handeln gepaart mit dem Anspruch des „Out of the box“ – Denkens sind nur einige Eigenschaften, die auf sie zutreffen.
Aktuell ist Natascha Engler Leiterin des “Travel”-Segments bei Groupon. Zuvor gründete sie bereits eine Unternehmensberatung, arbeitete als Business Development Managerin bei der Lufthansa in Singapur und war Teil des Sales-Teams Etihad Airways.
Im Interview mit uns nennt sie wichtige Ratschläge, um in der modernen Arbeitswelt erfolgreich zu sein. Darüber hinaus motiviert sie erfolgshungrige Mütter und gibt Tipps, wie jede Frau sich ein einfaches aber effektives Netzwerk bauen kann.
FiF: Frau Engler, schildern Sie bitte Ihren Lebenslauf.
Das würde ich gerne einmal ein bisschen anders beantworten, als die klassische Aufzählungen von Jobstationen! Generell sieht mein Lebenslauf so aus: Immer einen Schritt weiter! Was bedeutet das? Ich habe von einer breitgefächerten Ausbildung in der Reiseindustrie profitiert und wußte immer, was ich will (deshalb habe ich z.B den Ausbildungsplatz gewechselt – was in der damaligen Zeit sehr aufwändig war und für mich persönlich auch aufregend – aber ’no risk, no fun‘). Mit der Ausbildung als Basis habe ich viele weitere Bereiche in meinen Lebenslauf integriert, und war immer bereit neues auszuprobieren.
Stationen meiner Karriere beinhalteten u.a. Positionen im klassischen Vertrieb bei Travel Management Gesellschaften (wie z.B. BCD) oder auch als Vertriebsleiterin Deutschland Corporate bei Etihad. Heutzutage dreht sich in meiner Karriere alles um die digitale Welt inklusive Prozessveränderung, Machine Learning und Merchandising bei Groupon Travel. Eine komplett andere Welt – aber unglaublich spannend!
FiF: Sie sind Reiseexpertin, haben bereits in Singapur gelebt und kennen auch die arabische Kultur sehr gut. Wie begegnen Sie Kulturunterschieden und welche Besonderheiten gilt es im Business zu beachten?
Mein Rat – sei ein guter Beobachter, passe dich an, aber bleib dir treu. Sich wie ein Chamäleon zu verhalten, das ist ein Rat, wie man in diesem Business gut aufgehoben ist. Ein Chamäleon kann nicht nur mit dem einen Auge nach vorne sehen, es kann auch zur selben Zeit mit dem anderen Auge zurückblicken – das bedeutet, was habe ich erlebt (Rückblick), was kann ich in die Zukunft mitnehmen (Vorausschauen)?!
In Asien sind Frauen zum Beispiel auch ein ‚Wirtschaftsfaktor‘. Wenn Frauen nicht nach kurzer Zeit wieder in den Job zurückgehen, wird das als relativ seltsam angesehen – hier ist es immer noch relativ ungewöhnlich sehr schnell nach der Geburt der Kinder (unter einem Jahr) zurückzukehren, aber das verändert sich gerade und das ist gut so. Ich selbst bin 2 Wochen nach der Geburt meines Sohnes an meinen Arbeitsplatz zurückgekehrt. Networking lernt man in Asien unglaublich gut (nirgends sonst habe ich so viele Visitenkarten verbraucht).
In den arabischen Staaten muss man Zeit mitbringen, Hierarchien beachten, und langsam persönliche Beziehungen aufbauen – not the german way! Ein Sprichwort in Arabien lautet: „Ihr habt die Uhr, wir haben die Zeit.“
FiF: Welche Charaktereigenschaften haben Sie aus anderen Kulturen mitgenommen, die rückblickend Ihre Karriere positiv beeinflusst haben?
Das ist ganz einfach: Geduldig werden (das war meine größte Herausforderung). Ich würde mich als ambivertiert und anpassungsfähig bezeichnen. Das lernt man, wenn man in verschiedenen Kulturen gelebt hat.
FiF: Ihre Tätigkeiten waren und sind vielfältig. Raten Sie ambitionierten Frauen über den Tellerrand zu schauen und Ihr Tätigkeitsfeld (teilweise radikal) zu verändern?
Geplant war das nicht wirklich, aber wie am Anfang bereits erwähnt, möchte ich mich ständig weiterentwickeln, Neues ausprobieren und habe vor nichts Angst. Das ist der Rat, den ich allen, nicht nur Frauen geben würde. Den Mutigen gehört die Welt, vertraue auf deine Fähigkeiten, und lerne. Viele verschiedene Tätigkeiten fügen sich heute zu einem Gesamtbild bei mir zusammen.
Ich habe ein größeres Verständnis für mein Gegenüber (z.B. Vertrieb, da ich es selbst erlernt und erlebt habe). Das hilft beim konstanten Beziehungsaufbau, aber auch dabei gewisse Positionen und Jobangebote abzulehnen. Manchmal findet man vielleicht auch nur wirklich das, was am meisten Spaß macht, wenn man viel probiert. Wichtig ist hier aber zu sagen, dass ich immer Mentoren in meiner Umgebung hatte, die an mich geglaubt haben, mir Aufgaben gestellt haben und mich aus meiner Komfortzone heraus begleitet haben.
FiF: Haben Sie Routinen, die Sie als Faktoren für einen effektiven und erfolgreichen Arbeitsalltag empfinden?
Das kann ich ganz klar mit JA beantworten. Strukturiertes Vorausdenken ist die Basis meiner Karriere und ein wichtiger Erfolgsfaktor. Routine gepaart mit ‚out of the box‘-Denken sind Faktoren, die für mich zusammengehören. Routine widerspricht zudem nicht einer sich ständigen verändernden Welt oder dem Anspruch von Firmen flexibel zu sein bzw. zu bleiben. Das sind heute Skills, die man mitbringen muss um erfolgreich zu sein!
Eine ganz konkrete Routine kann ich mit der folgenden lustige Geschichte erläutern:
Jeden Tag fahre ich in Berlin auf der Straße des 17. Juni Richtung Brandenburger Tor. Jeden Montagmorgen, wenn ich auf dem Weg ins Büro bin, frage ich mich direkt dort, ob mir mein gegenwärtiger Job Spaß macht (denn ich muss immer lieben, was ich tue). Bisher habe ich die Frage immer mit „Ja“ beantwortet. Ansonsten würde ich etwas ändern müssen und wäre z.B. nicht mehr bei Groupon. Routine erscheint mir selbst als eine Art Konsequenz auf der Suche nach dem stabilen Element im ständigen Wandel.
FiF: Sie sind Mentorin für angehende Frauen in Führungspositionen. Haben Sie in dieser Arbeit Eigenschaften bemerkt, die viele Frauen an einer erfolgreichen Karriere hindern?
Ab und zu schon. Da ich aber durchweg relativ junge Frauen begleite, ist es schon wesentlich besser geworden in Bezug z.B. auf das schlechte Gewissen immer zwischen Familie und Job zu stehen. Dieses Gefühl gehört dazu. Man kann nicht alles richtig machen, aber sich immer bemühen. Mein Sohn ist großartig, obwohl er viel Alltagsroutine mit Kindermädchen und Au-pairs verbracht hat. Er weiß, dass ich glücklich und ausgeglichen bin und das wirkt sich auf ihn und unsere gemeinsame Zeit aus.
Ich weiß aber auch, dass es schwer ist für Frauen, dies zu akzeptieren. Auch ich bin der Meinung, dass sich viele Frauen dadurch nicht trauen, etwas zu verändern oder vielleicht einen anderen Job anzunehmen. Das sollte nicht sein. Denn wenn wir lieben, was wir tun, werden das Alle um uns herum spüren und auch umgekehrt!
FiF: Wie wichtig sind Mentoren und wie kann eine junge Frau den/die richtigen Ansprechpartner finden?
Mentoren sind wichtig. Das muss aber nicht immer nur im Jobumfeld sein. Es geht darum ein Netzwerk von verschiedenen Ansprechpartnern zu haben, deren Meinung man schätzt und die man respektiert. Das hat auch viel mit Vertrauen zu tun und wächst manchmal über Jahre. Ich spreche über verschiedene Themen mit ganz unterschiedlichen Menschen, Freunden und Mentoren.
Es geht darum Rat einzuholen, Fragen zu stellen, persönliche Erfahrungen zu hören, konstruktives Feedback zu erhalten, etwas reflektiert zu bekommen und sich dann den eigenen Weg zu bauen. Dabei helfen Mentoren, manchmal auch mit Kontakten. Man kann jederzeit im beruflichen Umfeld fragen, z.B. wenn man die Arbeit von jemandem sehr schätzt oder dessen Führungsstil – einfach los und fragen, ob man ein Tandem bilden kann. Auch in beruflichen Frauennetzwerken oder im privaten Umfeld kann man zudem Mentoren finden.
FiF: Was war der beste Rat, der Ihnen in Ihrer beruflichen Karriere je gegeben wurde?
Da man immer sehr viel Respekt vor einer neuen Position hat, sagte mir mal jemand: ‚Die haben dich eingestellt, weil sie denken, du bist die Beste und sie glauben an dich!‘ Das hat mir sehr viel Selbstvertrauen gegeben.
FiF: Haben Sie ein Produkt/Buch/Hilfsmittel, welches Ihren Arbeitsalltag deutlich erleichtert hat und Sie jeder Kollegin empfehlen würden?
Ich habe einen schneeweißen Marmor-Buddha auf meinem Schreibtisch stehen, den ich mir anlässlich meiner letzten Beförderung gekauft habe. Er strahlt Ruhe aus und erinnert mich daran, was ich erreichen kann. Ein kleiner Fixpunkt auf dem Schreibtisch, mit dem man etwas verbindet hilft manchmal dabei eine Minute an etwas Schönes erinnert zu werden.