„Frauen müssen sich sichtbar machen“
Wer nach Deutschlands bekanntesten und erfolgreichen Top-Managerinnen sucht, kommt um sie nicht herum: Simone Menne. Nach Lehre und Studium legte sie eine beispielhafte Karriere bei einem der größten deutschen Konzerne, der Lufthansa AG, hin. Trotz einiger Rückschläge wurde Simone Menne 2012 zum ersten weiblichen Finanzvorstand eines DAX-Unternehmens ernannt.
Wie sie dies erreicht hat, welche Eigenschaften sie als grundlegend für eine derartige Karriere betrachtet und wie ihr Ratschlag an angehende Karrierefrauen in puncto Gleichberechtigung ist. Zu all diesen Themen hat Simone Menne dem Blog „Frauen in Führungspositionen“ (FiF) ein Exklusivinterview gegeben.
FiF: Schildern Sie bitte Ihren Lebenslauf. Wie haben Sie es zu einer der erfolgreichsten Businessfrauen Deutschlands geschafft?
Nun, ich würde meinen Lebenslauf als recht normal bezeichnen. Meine Mutter hat immer gearbeitet, das war sicher ein gutes Vorbild und mein Vater hat mir sowohl Kunst als auch Maschinen nahegebracht, obwohl ich wenig daraus gemacht habe. Nach dem Abitur war mir eine Lehre wichtig, auch das hat mich geprägt. Mein Chef hat mir gleich Mandate anvertraut, ich musste selber Verantwortung übernehmen und auch zu meinen Fehlern stehen.
„Von Frankfurt über Westafrika nach Norderstedt“
Nach dem Betriebswirtschaftsstudium wollte ich dann „in die weite Welt“. Das war von Kiel aus gesehen, Frankfurt! Und nach drei Jahren bei ITT mit vielen Reisen im europäischen Ausland, ging ich dann zur Lufthansa. Die Marke, die Branche, die Internationalität der Luftfahrt; das war eine tolle Erfahrung. Dort habe ich sehr verschiedene Tätigkeiten ausgeübt. Angefangen als Prüferin in der internen Revision kam ich nach einer dreijährigen Tätigkeit in Westafrika nach Norderstedt. Dort wurde eine strategische Neuausrichtung notwendig und ich habe die Projektleitung übernommen. Das führte zur Ausgründung der Hauptabteilung in eine GmbH und ich bekam die Chance zusammen mit einem Kollegen in die Geschäftsführung eines mittelständigen Betriebes zu wechseln. Das gab uns viele Freiheitsgrade.
„Ein schmerzhafter Misserfolg“
Aber da ich dort auch ein IT-Projekt verantwortet habe, welches viel teurer wurde, als geplant und auch viel länger dauerte, wurde ich von der Position abgesetzt. Das war ein ziemlicher Schlag und tat damals sehr weh. Im Nachhinein gebe ich dem damaligen Personalentwickler Herrn Sattelberger recht, der meinte, solche Misserfolge würden auch helfen; in dem Moment fühlte es sich nicht so an. Ich durfte dafür aber nach Paris und die Stadt machte vieles wieder gut. Nach drei Jahren Paris übernahm ich die Gesamtleitung Europa für Rechnungswesen und Personaladministration in London. Dort haben wir die ersten Shared Service Center der Lufthansa aufgebaut. Das ging aber auch mit viel Tränen einher, denn ich musste viele Mitarbeiter in den etablierten Büros entlassen. Von London wechselte ich zur Lufthansa Technik – eine produktionsgetriebene Gesellschaft mit ganz anderen Fragestellungen als die Airline. Also wieder vieles Neue lernen, unter anderem die Gelder von notleidenden Kunden eintreiben.
„Übliche Konzernkarriere“
Ich würde das alles als eine übliche Konzernkarriere bezeichnen. Schließlich kam die Herausforderung als Chief Financial Officer der British Midland, eine kleine 100% Tochter der Lufthansa. Das war eine Sanierungsaufgabe, viele hätten nicht gedacht, dass ich das Risiko eingehe. Denn ich gab damals meine Firmenzugehörigkeit und auch die Rentenansprüche auf und es war absolut unklar, ob wir die Sanierung erfolgreich hinbekommen. Und leider haben wir das auch nicht, sondern mussten verkaufen. Auch das ein schwerer Weg, denn alle Mitarbeiter in der Verwaltung standen danach ohne Job da.
„Ich habe gezeigt, was ich kann“
Ich denke, die Tatsache, dass ich schwere Aufgaben übernommen habe und auch Risiken eingegangen bin, zwar nicht immer Erfolge hatte, aber durchaus gezeigt habe, was ich kann, hat dann den Aufsichtsrat überzeugt, mich als erste Finanzchefin eines DAX Konzerns zu berufen.
„Neue Herausforderung“
2015 bin ich ein weiteres Risiko eingegangen. Statt bis zum Vertragsende bis 2020 bei der Lufthansa zu bleiben, wollte ich wissen, ob ich auch unter anderen Umständen gut bin. Ich ging zu einem Familienunternehmen in der Pharmabranche. Und dort habe ich nicht reüssiert, nach nicht einmal zwei Jahren bin ich gegangen. Das lag nicht an meinen Leistungen, sondern an der Tatsache, dass mein Chef und ich uns nicht so gut verstanden haben, wie es sich für so eine Aufgabe gehört. Ich hatte hier wohl nicht das nötige diplomatische Geschick.
Nun überlasse ich es Ihren LeserInnen zu entscheiden, ob ich tatsächlich so eine erfolgreiche Businessfrau bin…
FiF: Sie waren 2012 der erste weibliche Finanzvorstand eines DAX-Konzerns. Welche Eigenschaften betrachten Sie rückwirkend als elementar um auf der Karriereleiter so aufzusteigen?
Wichtig ist der klare Wille, eine verantwortungsvolle Aufgabe auch mit vollen Einsatz zu machen. Dazu gehören dann auch die schlimmen Tage, die Konflikte und wenig Privatleben. Zielorientierung, Entscheidungsstärke und Risikobereitschaft sind meiner Ansicht nach ebenso wichtig. Und für mich war das Allerwichtigste immer die Kommunikation mit anderen – Zuhören, Erklären, Schlüsse ziehen, Erklären, Zuhören.
FiF: Das Thema Gleichberechtigung lässt uns die nächsten Jahre sicherlich nicht los. Erzählen Sie von der Situation, an der Ihnen am deutlichsten bewusst geworden ist, dass Männer und Frauen im Beruf nicht gleich angesehen werden.
Diese eine Situation gibt es nicht. Das wächst eher. Je älter ich werde, desto mehr merke ich, dass Frauen sehr subtil anders behandelt werden. Und dabei durchaus auch von anderen Frauen.
Man steht zum Beispiel mit einem Kollegen im Gespräch, ein anderer männlicher Kollege kommt dazu, begrüßt nur den Mann und beginnt ein Gespräch, aus dem Sie plötzlich ausgeschlossen sind.
Und wahrscheinlich hat jede Frau auch schon erlebt, dass eines ihrer Argumente in einer Besprechung zunächst ignoriert wurde, um durch einen männlichen Kollegen wiederaufgenommen und dann als tollen Beitrag wahrgenommen zu werden.
FiF: Was haben Sie aus dieser Situation geschlossen bzw. für sich daraus gelernt?
Es ist selten böser Wille. Wir alle sind so sozialisiert. Manches ist einfach. Stellen Sie sich höflich dem hinzu gekommenen Kollegen vor und nehmen Sie am Gespräch teil. Weisen Sie darauf hin, dass das Argument, welches jetzt von dem Kollegen kommt, doch eben schon von einer Kollegin genannt wurde. Machen Sie sich sichtbar, durch Worte und Taten, ohne aufdringlich zu sein.
FiF: Was würden Sie heute der 30-jährigen Simone Menne raten?
Ich habe erst spät gelernt, dass es besser ist unangenehme Dinge gleich und deutlich zu sagen, Entscheidungen konsequent zu treffen und durchzuziehen. Unklare Botschaften, verschobene Entscheidungen sind keine gute Strategie, auch wenn sie vermeintlich manchmal der einfachere Weg sind. Mein Rat also: Sei deutlich und gehe Konflikten nicht aus dem Weg.
FiF: Letzte Frage: Haben Sie ein Produkt/Buch/Hilfsmittel, welches Ihren Arbeitsalltag deutlich erleichtert hat und Sie jeder Kollegin empfehlen würden?
Ich schreibe sehr viel mit der Hand auf, auch bei Besprechungen. Und das immer mit Füllfederhalter. Ich habe sie in mehreren Farben – ein Spleen!