Interview: Dr. Dr. R. Zitelmann (Unternehmer, Selfmade-Millionär)

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Dr. Dr. Rainer Zitelmann
Foto: Jürgen Michael Schick (MSI Gmbh & Co. KG)

„Warum Frauen im Beruf weniger erfolgreich sind? Ihnen fehlt die Frustrationstoleranz.“

Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist der Inbegriff von Zielstrebigkeit. Wenn ihn etwas interessiert, eignet er sich sofort größtmögliches Wissen zum jeweiligen Thema an. Mit welcher Konsequenz? Zitelmann ist erfolgreich und erreicht jedes seiner gesteckten Ziele. Beispiel? Mit 39 Jahren nimmt er sich vor, reich zu werden. Einige Jahre später ist er Selfmade Millionär.

Noch bewundernswerter ist es allerdings, dass er es schafft, immer nur das zu tun, was ihn gerade begeistert. Ein Lebensstil, der eigentlich der Generation Y oder Z zugeschrieben wird. Bei Zitelmann bedeutet das u.a. zwei Promotionen, mehrere Unternehmen oder auch das Schreiben von Büchern.

Im Interview mit uns gibt er spannende Einblicke in sein Leben als Unternehmer, nennt seine erfolgreichsten Führungswerkzeuge und geht besonders auf die Chancen und Probleme von Frauen im Berufsfeld ein.

FiF: Herr Zitelmann, Sie haben die Vita von gleich mehreren Personen. Schildern Sie bitte Ihren Lebenslauf.

Mein Lebensentwurf war es immer, nicht nur eine einzige Sache das ganze Leben lang zu tun. Ich war stets begeistert, von dem, was ich beruflich gemacht habe. Und wenn die Begeisterung – vielleicht nach zehn Jahren – nicht mehr da war, habe ich etwas Neues gemacht. Ich habe zuerst Geschichte und Politik studiert und danach – mit Auszeichnung – in Geschichte promoviert. Meine erste berufliche Station war als Mitarbeiter des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der FU Berlin. Danach war ich Cheflektor des Ullstein-Propyläen-Verlages, damals Deutschlands drittgrößte Buchverlagsgruppe. Die nächste Station war die Tageszeitung „Die Welt“, wo ich Ressortleiter war.

Im Jahr 2000 wagte ich den Sprung in die Selbstständigkeit und gründete meine eigene Firma, die ich zum Marktführer für die PR-Beratung von Immobilienunternehmen machte. In dieser Zeit verdiente ich sehr viel Geld und machte noch mehr daraus durch Investitionen am Berliner Immobilienmarkt. Vor vier Jahren habe ich die Firma verkauft und meine zweite Doktorarbeit geschrieben. Thema: „Psychologie der Superreichen“. Heute forsche ich, schreibe Bücher (inzwischen sind es 24) und halte weltweit Vorträge über die Vorteile des Kapitalismus und dazu, wie man reich wird. Ausführlich schildere ich mein Leben in meiner Autobiografie „Wenn du nicht mehr brennst, starte neu!“ http://zitelmann-autobiografie.de/

FiF: Im Folgenden möchten wir auf Ihre Erfahrung als Unternehmer eingehen. Welche Eigenschaften sehen Sie als besonders wertvoll an um unternehmerisch erfolgreich zu sein?

Eine gesunde Mischung von Optimismus und Vorsicht. Wer kein Optimist ist, gründet keine Firma. Aber die meisten Firmengründer gehen pleite, oft, weil sie zu optimistisch sind und Risiken ausblenden. Mir hat es geholfen, dass ich etwas ängstlich und daher sehr vorsichtig war. Beispielsweise habe ich nie mehr als 3% des Umsatzes mit einem Kunden gemacht. Ich habe bei meiner PR-Firma auch ohne Kredite gearbeitet. Und ich habe nur lang laufende Verträge mit Kunden akzeptiert. Wichtig für den Unternehmer ist vor allem: Sie müssen Gewinne machen, und zwar hohe Gewinne. Das klingt banal, aber viele Unternehmer vergessen das. Sie sind stets knapp über Null – und manchmal darunter. Das ist gefährlich und daher auch verantwortungslos gegenüber den Mitarbeitern. Zum Thema „Gewinn“ ist gerade ein extrem wichtiges Buch von Professor Hermann Simon erschienen. Jeder Unternehmer sollte es lesen: http://www.empfohlene-wirtschaftsbuecher.de/2020/04/ein-buch-das-jeder-unternehmer-lesen-muss-ohne-gewinn-ist-alles-nichts/

FiF: Sind Sie in Ihrer Ausarbeitung „Psychologie der Superreichen“ auch auf weibliche Unternehmerinnen gestoßen?

Leider war nur eine der 45 Befragten eine Frau. Das liegt daran, dass ich nur Personen interviewt habe, die aus eigener Kraft ein mindestens zwei- oder dreistelliges Millionenvermögen gemacht haben. Wie ein Blick auf die Liste der reichsten Deutschen (oder auch der reichsten Menschen der Welt) zeigt, gibt es nur sehr, sehr wenige Frauen, die aus eigener Kraft sehr reich werden. Die meisten Frauen, die man in diesen Listen findet, sind Erben, also Witwen oder Töchter von reichen Männern.

FiF: Erst kürzlich haben Sie einen Forbes-Artikel zum Thema Schönheit und Wissenschaft verfasst. Was sollten Frauen Ihrer Meinung nach beachten, die beruflich nach Führungspositionen streben?

Ich beschäftige mich derzeit wissenschaftlich mit dem Thema, welche positiven und negativen Auswirkungen Attraktivität für Frauen im Berufsleben hat. Zu diesem Thema habe ich auch den Aufsatz für Forbes.com geschrieben (ich schreibe dort jede Woche eine Kolumne). In dem Aufsatz ging es darum, dass generell zwar schöne Menschen Vorteile im Leben haben. Aber leider gibt es auch über schöne Frauen viele Vorurteile, ebenso wie über reiche Menschen. Ich führe das ganz klar auf Neid zurück. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Frauen, die „zu gut“ (bzw. „zu weiblich“) aussehen, bei Bewerbungen für untergeordnete Positionen Vorteile hatten, jedoch bei Bewerbungen um Führungspositionen viel kritischer beurteilt wurden als unattraktive Frauen. Leider wird über Vorurteile gegen Reiche oder Schöne in unserer Gesellschaft nicht gesprochen. Frauen sollten sich davon jedoch nicht beirren lassen. Lesen Sie Bücher über erfolgreiche Frauen, das kann Sie motivieren. In meinem Buch „Setze dir größere Ziele“, das weltweit in 10 Sprachen erfolgreich ist, habe ich die Geschichten von einigen sehr erfolgreichen Unternehmerinnen erzählt, z.B. Coco Chanel, Esteé Lauder oder Beate Uhse, aber auch von Ruth Handler, der faszinierenden Unternehmerin, die die Barbie-Puppe erfunden hat.

FiF: Das Delegieren von Aufgaben haben Sie konsequent und erfolgreich als Führungsmaßnahme eingesetzt. Warum ist dies ein Schlüssel für Erfolg?

 „Ich arbeite nach dem Prinzip, dass man niemals etwas selbst tun soll, was jemand anders für einen erledigen kann.“ Dieses Zitat stammt von John D. Rockefeller, dem reichsten Mann der Geschichte. Wollen Sie Erfolg im Berufsleben haben, dann müssen Sie lernen, zu delegieren. Fragen Sie sich bei jeder Aktivität: „Kann das nur ich oder könnte das auch ein anderer Mitarbeiter erledigen, zum Beispiel jemand, der ein geringeres Gehalt bezieht?“ Wenn Sie zum Beispiel Dinge tun, die ebenso gut Ihre Assistentin tun könnte, dann verschwenden Sie das Geld der Firma – und Sie verschwenden Ihre Arbeitszeit.

Warum fällt es so vielen Menschen schwer, zu delegieren? Eine beliebte Ausrede lautet: „Bis ich das erklärt habe, dauert es so lange, dann könnte ich das gleich selbst machen.“ Wahr ist: Manchmal dauert es sogar deutlich länger, jemandem etwas zu erklären, als es selbst zu tun. Wenn er oder sie das jedoch gelernt hat und es dann nicht ein Mal, sondern hundert Mal tun wird, dann hat sich der Zeiteinsatz für Sie gelohnt. Manche Menschen sind auch nicht bereit, zu akzeptieren, dass eine Sache, die sie nicht selbst erledigen, vielleicht nicht genauso gut gemacht wird wie dann, wenn sie es selbst getan hätten. Es ist besser, Sie lernen zu akzeptieren, dass manche Dinge in einem solchen Fall eben nur zu 90 Prozent gut gemacht werden – was aber oft vollkommen ausreichend ist. Sie haben dann jedenfalls mehr Zeit, Dinge zu tun, die eine höhere Wertschöpfung für Ihre Firma bedeuten.

FiF: Gibt es weitere Schlüssel, die Sie Führungspersonen empfehlen?

Setzen Sie sich große Ziele, für Ihr Leben insgesamt, auch im Berufsbereich. „Es gibt einen linearen Zusammenhang zwischen dem Schwierigkeitsgrad eines Zieles und der Leistung. Spezifische, schwierige Ziele führen zu einer höheren Leistung als keine oder zu vage, abstrakte Ziele – wie etwa ‚Tun Sie Ihr Bestes’.“ Das Zitat stammt von Edwin A. Locke, dem Pionier der wissenschaftlichen „Goal-Setting“-Theorie. In diesen zwei Sätzen fasst Locke den Kern einer Theorie zusammen, die in den vergangenen Jahrzehnten durch Hunderte psychologische Experimente bestätigt wurde: Die Ziele, die Sie sich setzen, müssen erstens konkret sein und zweitens sollten sie nicht zu einfach zu erreichen sein. Wer sich keine oder zu kleine Ziele setzt oder seine Ziele nur vage formuliert, wird weniger im Leben erreichen als derjenige, der sich anspruchsvolle, konkrete Ziele setzt.

Und noch etwas: Lernen Sie, sich selbst zu vermarkten. Egal ob Sie Unternehmer oder Angestellter sind: Wenn Sie nicht in der Lage sind, Ihre Leistungen ins rechte Licht zu rücken und dafür zu sorgen, dass die für Sie relevanten Zielgruppen davon erfahren, dann werden andere an Ihnen vorbeiziehen, die es besser verstehen, sich selbst zu vermarkten. Und als Angestellter müssen Sie erleben, dass andere, die für sich trommeln, befördert werden, während Sie auf der Stelle treten. Sie können darauf mit Verbitterung reagieren und sich darüber beschweren, wie ungerecht die Welt (oder Ihr Chef) ist. Sie können aber auch Ihre Glaubenssätze selbstkritisch überprüfen und von Menschen lernen, die es verstehen, sich selbst zu vermarkten. Mein nächstes Buch („Die Kunst berühmt zu werden“) handelt genau von diesem Thema.

FiF: Wie sah dadurch ein typischer Arbeitsalltag von Ihnen aus?

Als ich Unternehmer war, war ich sehr viel unterwegs, auch um neue Kunden zu akquirieren. Die Gewinnung neuer Kunden hat mir viel Freude gemacht. Das ist übrigens ein Tipp auch an alle Frauen: Lernen Sie, zu verkaufen! Wenn mich jemand fragt, warum Frauen leider oft im Berufsleben weniger erfolgreich sind als Männer, dann habe ich eine Antwort: Viele haben eine zu geringe Frustrationstoleranz. Männer lernen das vielleicht besser, schon beim Flirten und bei der Partnersuche. Aber natürlich kann auch eine Frau Frustrationstoleranz lernen. Sie müssen lernen, dass es Ihnen nicht mehr so viel ausmacht, wenn Sie viele Absagen bekommen, Sie müssen lernen, mit Zurückweisung umzugehen. Wer das nicht kann, wird kein erfolgreicher Verkäufer sein und wer kein erfolgreicher Verkäufer ist, wird kein erfolgreicher Unternehmer sein.

FiF: „Gegen den Strom schwimmen“ und sich „ein Netzwerk aufbauen“ sind zwei wertvolle Tipps, die man in Ihren Büchern findet. Wie sollte sich Ihrer Meinung nach eine Frau verhalten, die in Ihrem Arbeitsbereich deutlich erfolgreicher sein will? Welche nächsten Schritte empfehlen Sie um Ihre Tipps in der Praxis umzusetzen?

Das Wichtigste habe ich ja schon gesagt: Sich größere Ziele setzen (insbesondere auch im finanziellen Bereich) und lernen, zu verkaufen. Lesen Sie Bücher von erfolgreichen Frauen, die werden Sie inspirieren und motivieren! Und, ja: Haben Sie den Mut gegen den Strom zu schwimmen. Erfolgreiche Menschen machen Dinge anders als die Mehrheit, genau deshalb sind sie ja erfolgreich. Und sie haben nicht  nur den Mut, gegen den Strom zu schwimmen, sondern regelrecht Freude daran.

FiF: Was war der beste Rat, der Ihnen in Ihrer beruflichen Karriere je gegeben wurde?

Was ich gelernt habe, habe ich aus eigener Erfahrung gelernt und aus Büchern über Super-Erfolgreiche. Ich hatte nie Leute, die mir gute Ratschläge gegeben haben, sondern ich habe stets nach dem Prinzip „learning by doing“ gelernt und eben aus Büchern von Leuten, die es geschafft haben. Für mein Buch „Setze dir größere Ziele“ habe ich die Biografien von 50 Erfolgreichen ausgewertet – und jede Woche bekomme ich Zuschriften von Leserinnen und Lesern, die mir berichten, wie es ihr Leben verändert hat. Bücher können wirklich das Leben verändern, das weiß ich aus eigener Erfahrung und aus diesen Zuschriften.

FiF: Haben Sie ein Produkt/Buch/Hilfsmittel, welches Ihren Arbeitsalltag deutlich erleichtert hat und Sie jedem Kollegen empfehlen würden?

Das ist kein Produkt, kein Buch und kein Hilfsmittel: Es sind Menschen, an die ich alles delegiere, was mir keine Freude macht. Dadurch gewinne ich Zeit und Lebensqualität.

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